Wir haben unseren ersten Versuch von Veloferien zu viert unternommen. Dank Hotelübernachtungen hatten wir nur „leichtes” Gepäck, dafür aber umso mehr Höhenmeter. Am Ende kam es leider wie befürchtet ...
 

Nachdem wir in den letzten Ferien aufgrund des Alters der Kinder mit Bahn, Bus und Schiff unterwegs waren, wollten wir nun wieder einmal mit dem Velo verreisen. Für die geplante Woche Ende September/Anfang Oktober suchten wir eine Route, die wir von zu Hause aus starten können und von der aus wir einfach mit dem Zug wieder nach Hause kommen.

Da wir schon früher Passfahrten mochten, dachten wir, dass die Fahrt von zu Hause über den Grimselpass ins Wallis schön und spannend sein könnte.

Mit einer ganzen Woche Zeit konnten wir die Strecke in familienfreundliche Tagesabschnitte unterteilen. Mit mehreren Übernachtungen im Hotel Handeck planten wir Ruhetage für lokale Ausflüge ein. Zudem konnte sich unser Jüngster so an die Höhe gewöhnen, sodass dann auch eine Übernachtung auf der Passhöhe möglich wurde. Weiter erhofften wir uns im Herbst und unter der Woche geringen Verkehr auf der Passstrasse.

Neben den bekannten kurzen Ausweichstrecken über die alte Passstrasse suchten wir nach weiteren Alternativrouten. Dabei fanden wir auf der Höhe von Guttannen einen kleinen Weg auf der anderen Talseite. Trotz des intensiven Studiums von Karten und Satellitenbildern konnten wir die Befahrbarkeit nicht zuverlässig beurteilen, wollten die Alternative aber wagen. Etwas Schieben kann ja nicht so schlimm sein, dachten wir zumindest.

Um bei schlechtem Wetter, Pannen oder sonstigen Vorkommnissen einen Plan B zu haben, war die Route mit Bahn- und Postautoverbindungen ideal. Apropos schlechtes Wetter. Bei der Planung im Herbst waren wir uns bewusst, dass das Wetter zu dieser Jahreszeit unter Umständen nicht mehr so warm ist und im schlimmsten Fall mit Schnee zu rechnen ist.

Kurz vor unseren Ferien gab es einen Kälteeinbruch, aufgrund dessen der Pass zeitweise gesperrt wurde. Gemäss Wetterbericht durften wir aber wieder mit besserem Wetter rechnen. Um bei schlechtem Wetter einfacher auf Bahn und Postauto ausweichen zu können, beschlossen wir, mit normalen Fahrrädern statt mit dem Tandem zu verreisen.

Da es am ersten Ferientag leider regnete, bedienten wir uns bereits beim Start unserer Optionenplanung. Wir fuhren mit den Fahrrädern bis Bern und nahmen dann den Zug bis Spiez. Von da an fuhren wir trotz des leichten Regens bis Interlaken. Dort, wo es die Radwegsituation zuliess, durfte Ariki auch selbst fahren. Bei Steigungen testeten wir erstmals das neue elastische Abschleppseil, welches sich sehr bewährte.

Wir waren froh, auf dem Campingplatz bei Interlaken ein Häuschen gemietet zu haben. Über Nacht verzog sich der Regen wieder, sodass wir am zweiten Tag bei wunderbarem Wetter weiterfahren konnten. Die Veloroute 8 entlang des Brienzersees ist so verkehrsberuhigt angelegt, dass Ariki weitestgehend selbst fahren konnte. Dass es entlang eines Sees nicht flach sein muss, kannten wir schon von einer früheren Reise nach Norwegen. Bei den vielen teils steilen Abschnitten waren wir froh über das Abschleppseil. So konnten wir das Gewicht der Kinder aufteilen: Rana schleppte Ariki und Moritz transportierte Kaiu im Anhänger.

Ab den Giessbachfällen sassen dann beide Kinder im Anhänger, da der Verkehr dichter wurde. Von den Anstrengungen des Vormittags schlief Ariki dabei ein, sodass wir in der Ebene bis Meiringen zügig vorankamen. Nach der Glacépause waren alle wieder fit und Ariki fuhr auch wieder selbst. Beim Geissholz-Übergang musste er jedoch wieder kurz in den Anhänger wechseln. Kurz nach der Aareschlucht konnten wir dem Aareweg entlang ohne Autos bis zum nächsten Übernachtungsort in Innertkirchen fahren.

Auch am dritten Tag war uns das Wetter wohlgesonnen, sodass wir den ersten Teil der Grimselpassstrasse in Angriff nehmen konnten. Wir waren froh, dass sich unsere Annahme bestätigte und der Verkehr an diesem Montagvormittag im Herbst relativ ruhig war. Trotzdem liessen wir Ariki auf der Passstrasse nicht selbst fahren. Daher waren die autofreien Tunnelumfahrungen über die alte Passstrasse eine willkommene Abwechslung für alle. Kaiu hatte Platz im Anhänger, Ariki durfte selbst fahren und Moritz hatte weniger Gewicht zu ziehen.

In Boden unterhalb von Guttannen bogen wir von der Passstrasse auf eine kleine Nebenstrasse ab. Wir waren gespannt, ob die Oberfläche des Weges befahrbar war. Noch ahnten wir nichts von der kommenden Herausforderung. Der erste etwas steile Abschnitt zur Umfahrung eines von der Aare teilweise weggerissenen früheren Strassenabschnitts hätte eine Warnung sein können. Wir fuhren aber motiviert und ahnungslos weiter und genossen das super Wetter und die schöne Umgebung. Dann sahen wir jedoch, dass aus dem Fahrweg etwas weiter vorne ein steilerer Wanderweg wurde. Wir waren weiterhin auf die gute Befahrbarkeit des Weges fixiert und freuten uns, dass der Wanderweg eine gute Kiesoberfläche hatte. So waren wir immer noch motiviert und der Meinung, dass das Hochschieben durch die Serpentinen des Wanderwegs viel weniger schlimm ist als das Zurückfahren. Schliesslich hatten wir das Tandem schon einmal in knietiefem Schnee über den Gotthardpass geschoben. Dass dies ohne Feriengepäck, ohne Kinder, ohne Kinderanhänger und ohne zusätzliches Kinderfahrrad war, vernachlässigten wir selbstverständlich. Als es in den Serpentinen immer steiler wurde, realisierten wir unseren Anfängerfehler: Bei der Planung hatten wir uns so sehr um die Wegbeschaffenheit gesorgt, dass wir die nah beieinanderliegenden Höhenlinien der Karte nicht wahrgenommen hatten. Schade. Das ganze entwickelte sich so richtig zu Wandern mit Fahrrad, wie es Katrin Iglhaut in vielen ihrer Videos beschreibt :-)

Erst als wir schon zu viele Höhenmeter zurückgelegt hatten, erreichten wir den Punkt, an dem es nicht mehr besonders Spass machte – aber unsere gute Teamdynamik trug uns durch. So schoben wir unseren Fuhrpark teils zu zweit und mit vielen Verschnaufpausen den äusserst steilen Wanderweg hinauf. Aber immerhin war die Oberfläche des Weges gut! Der in der Planung als schlimmster Teil befürchtete Wegabschnitt erwies sich dann als gut befahrbar. Wie aus den Satellitenbildern bekannt, war dieser breiter und mit Gras bewachsen. Die Grasoberfläche stellte kein grosses Problem dar, da es nicht mehr so steil war. Als wir etwas später an einer Bergbauernfamilie vorbeifuhren, kommentierten diese unsere Routenwahl als „sportlich”. Wir klassifizieren diese Route als „ambitionierte“ Alternativroute zur Hauptstrasse und werden sie auch ohne Gepäck in Zukunft weder bergauf noch bergab erneut mit dem Velo fahren. Nach rund zwei Stunden „Type 2 Fun“ erreichten wir Guttannen und kehrten auf die Hauptstrasse zurück. Hier wäre die Alternativroute auf der anderen Talseite mit grosser Wahrscheinlichkeit akzeptabel gewesen. Unser Tagesbudget für Experimente war jedoch aufgebraucht. Glücklicherweise war der Verkehr auf der Hauptstrasse weiterhin in einem akzeptablen Rahmen und ein weiterer Tunnelumfahrungsabschnitt bot uns eine willkommene Abwechslung, sodass wir die Tour richtig geniessen konnten. Zufrieden, aber auch erschöpft, erreichten wir schliesslich das Hotel Handeck. Leider verschlechterte sich während unserer zwei Ruhetage im Hotel das Wetter. Trotz Nieselregen und Nebel unternahmen wir eine Fahrt mit der Gelmerbahn hoch zum Stausee. Da wir bei der Planung möglichen Schneefall berücksichtigt hatten, konnten wir den Ausflug in warmen Kleidern geniessen. Im warmen Outdoorpool, auf dem Spielplatz, im Spielzimmer des Hotels und bei Spaziergängen wurde uns nicht langweilig. Die ausgezeichneten Mahlzeiten im Hotelrestaurant waren Höhepunkte unseres Aufenthalts. Nach den Ruhetagen nahmen wir frisch gestärkt die zweite Hälfte der Passstrasse in Angriff. Der Nieselregen und der Nebel hielten uns nicht ab, denn wir freuten uns auf die Übernachtung auf dem Pass und die spätere Fahrt durchs Wallis. Wie zuvor fuhren wir, wo möglich, wieder über die Tunnelumfahrungsstrassen. Trotz der auf 5 °C gesunkenen Temperaturen störten sich unsere Kinder nicht am Wetter. Es gab ja Abwechslung, und die Kleidung war warm genug. Nach knapp der Hälfte der Tagesstrecke, beim Räterichsbodensee, erreichte uns leider ein Anruf des Hotels. Man bat uns, umzudrehen, da es zu schneien begonnen hatte, die Strasse auf der Walliser Seite geschlossen werden würde und es nicht sicher sei, ob wir am kommenden Tag abreisen könnten.

Obwohl wir mit dieser Möglichkeit gerechnet hatten, waren wir etwas enttäuscht, dass wir umdrehen mussten. Wir zogen uns warm an und genossen eine rasante Abfahrt nach Innertkirchen. Dort nahmen wir den Zug nach Meiringen. Ab Meiringen mussten wir dann eine alternative Route nehmen: Aufgrund von Unwetterschäden in Brienz fuhren keine Züge zwischen Meiringen und Interlaken. Im Bahnersatzbus konnten keine Fahrräder transportiert werden. Also fuhren wir so schnell wie möglich nach Brienz. Dort erreichten wir die Schiffsanlegestelle zum Glück früh genug, um das Schiff nach Interlaken direkt nach seiner Ankunft zu besteigen und unsere Fahrräder abzustellen. Etwas später wäre es recht mühsam gewesen, uns den Weg durch das volle Schiff zu den Fahrradabstellplätzen zu bahnen.

Ab Interlaken fuhren wir im geräumigen IC zurück nach Bern. Von dort aus fuhren wir mit den Fahrrädern und ohne Regen nach Hause.

Auch wenn nicht alles nach Plan lief, waren das für uns alle sehr erlebnisreiche Ferien. 

 

Moosseedorf - Bern, Spiez - Interlaken

Distanz 33.8 km Höhenmeter ↑ 234.0 m ↓ 246.0 m

Interlaken - Innertkirchen

Distanz 35.5 km Höhenmeter ↑ 685.0 m ↓ 528.0 m

Innertkirchen - Handeck

Distanz 16.6 km Höhenmeter ↑ 773.0 m ↓ 18.0 m

Handeck - Räterichsbodensee - Innterkirchen, Meiringen - Brienz, Bern - Moosseedorf

Distanz 49.1 km Höhenmeter ↑ 493.0 m ↓ 1274.0 m